CSU und Bayernpartei haben bei der Verkehrspolitik die Weichen nach rückwärts gestellt. Lieber mit dem der täglichen Stau in Schloßberg und auf der Umgehungsstraße leben als eine Bahnhaltestelle zu haben. Mit einer Stimme Mehrheit haben sie in der Märzsitzung das Ziel, bis zum Jahr 2023 eine Bahnhaltestelle zu bekommen, zunichte gemacht. Grundvoraussetzung wäre laut BEG (Bay. Eisenbahngesellschaft) eine eindeutige Willensbekundung der Gemeinde für eine Bahnhaltestelle gewesen. Im vergangenen Jahr scheiterte die Zustimmung der Obersten Baubehörde der Regierung an einer Fahrzeitverzögerung in Richtung Salzburg, der Bau einer Haltestelle wurde aus dem Sonderinvestitionsprogramm 2023 genommen. Inzwischen haben sich jedoch die Fahrpläne zugunsten der Umsteigezeiten und andere Rahmenbedingungen geändert, somit hätten eine rückwirkende Wiederaufnahme ins Sonderinvestitionsprogramm und das eindeutige Pro-Bahnhalt-Signal des Gemeinderates große Wirkung gehabt.
Die Chance ist nun vertan!
Die Ablehnung ist politisch äußerst kurzsichtig, denn Stephanskirchen wird in den kommenden Jahren erheblich wachsen, man denke nur an die neuen Baugebiete in Haidholzen und Schloßberg. Die Gemeinde liegt im Pendelbereich des Oberzentrums Rosenheim also einer absoluten Wachstumsregion. Das gute Zugangebot mit mindestens stündlicher Verbindung und auch die hohe Anzahl an Arbeitsplätzen im Umkreis sprechen für eine Haltestelle. Auch eine Prognose der Obersten Baubehörde der Regierung von 460 Ein- und Aussteigern pro Werktag, was über den Nutzerzahlen anderer Bahnhaltestellen im Umland liegt, erfüllt die Bedingungen für die Realisierung einer Haltestelle. Hinzu kommt das Ergebnis der aktuellen Umfrage der Jugendbeauftragten an alle Jugendlichen, ob diese einen Bahnhalt befürworten würden. Die Jugendlichen sprachen sich mit großer Mehrheit (über 90 %) dafür aus. „Mit einem Sprung im Zentrum Rosenheim, das würde uns die leidigen Busfahrten im Stau durch Schloßberg und Rosenheim ersparen!“
Selbstverständlich befürworten wir von der SPD die Ziele der SUR (Arbeitsgemeinschaft Stadt-Umlandbereich), die sich aktuell als oberstes Ziel die die Weiterentwicklung und Stärkung des ÖPNV und die Entlastung des motorisierten Individualverkehrs auf die Fahnen geschrieben hat. Dieses Ziel taucht leider seit Jahren wie ein Mantra zur Beschwichtigung auf. Wenn es aber um die Ablösung des in Stadt und Landkreis privatwirtschaftlich organisierten Busverkehrs und den Aufbau einer landkreiseigenen Verkehrsgesellschaft geht, resignieren die politisch Verantwortlichen. Alle wissen, hier passiert in den nächsten Jahren nicht viel! Aber selbst gegen die vagen Ziele der SUR haben die „Bremser“ im Gemeinderat vielerlei Einwände vorgetragen.
Hier wäre die Bahn ein echter Ausweg gewesen. Stündlich fährt ein Regionalzug durch Stephanskirchen, doch niemand kann einsteigen! Das konkrete Ziel „Bahnhaltestelle Stephanskirchen“ hätte die Kommune selbsttragend verwirklichen können. Wir hätten nur Fahrradstellplätze, die Busanbindung und wenige Parkplätze bereitstellen müssen. Doch die Bedenkenträger der CSU und Bayernpartei brachten folgende Gegenargumente vor, die wir verstehen, aber nicht nachvollziehen können.
Durch eine Attraktivitätssteigerung der Gemeinde würden der Bebauungsdruck und die Bau- und Mietpreise steigen. Hierzu ist zu sagen, dass es in Händen der Gemeinde liegt, wie viel Bauland ausgewiesen wird. Bau- und Mietpreise sind bereits auf hohem Niveau und werden weiterhin steigen. Gesparte Benzinkosten könnten jedoch einen hohen Mietpreis etwas kompensieren.
Ein Bahnhof an der Simssee- oder Pulvermühlstraße würde sich wegen der langen Bahnsteige gar nicht verwirklichen lassen. Das haben nicht wir zu entscheiden, sondern das ergibt sich aus einer Potentialanalyse der DB-Netz AG. Wieso sollte das bei uns nicht möglich sein, da seit 1996 bayernweit 60 neue Bahnhaltestellen eröffnet wurden. Allein auf der Mangfallbahnstrecke gibt es zwischen Rosenheim und Holzkirchen 9 Bahnhaltestellen.
Das Argument von Karl Mair (2.Bgm.)ist schon fragwürdig: „Wir schaffen einen Bahnhof mit Park-&-Ride-Parkplätzen, der vor allem dem Hinterland zugutekommt.“ Das ist reinste Kirchturmpolitik ohne Weitsicht! Ist es denn besser, wenn die Pendler aus dem Hinterland morgens, mittags und abends Schloßberg verstopfen und die Ortsmitte verpesten, als sie vorher in den Zug zu bringen? Und ist es solidarisch, wenn allein die Stadt Rosenheim sämtliche Pendlerparkplätze für das Umland zur Verfügung stellen muss?
Wir bedauern es sehr, dass mit einer Stimme Mehrheit nun für weitere zehn Jahre eine Bahnhaltestelle blockiert ist und dem Autoverkehr der Vorrang eingeräumt wird. „Straße vor Schiene“ ist ja auch der Schwerpunkt des aktuellen Bundeverkehrswegeplans, daran halten sich die Vertreter der CSU.
Unser Dank gilt den Gemeinderäten der Parteifreien und der Grünen, die mit uns gekämpft haben.
Margit Sievi April 2016